
Fossile am Werk – Fraport, Landesregierung und Stadt Frankfurt, vertreten von Aufsichtsratschef Weimar, Vorstandschef Schulte, Finanzminister Schäfer und Bürgermeister Becker, mauern eine ‚Zeitkapsel‘ in eine Säule ein, die einen ‚Grundstein‘ symbolisieren soll. Es wird wohl nicht allzu lange dauern, bis diese Säule als Mahnmal für die Dummheit und Ignoranz der heute Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft gesehen werden wird.
30.04.2019
Ein weiterer Schritt in die falsche Richtung
Wie angekündigt, hat Fraport in einer Zeremonie mit laut FNP rund 700 Gästen aus Wirtschaft und Politik den Grundstein für Terminal 3 gelegt. Die FR schreibt von einem Festakt mit 660 geladenen Gästen und stellt heraus, wer nicht da war: „Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir schickt Vertretung zur Grundsteinlegung“, weil er zwar auch als Bauminister unterwegs war, aber lieber ein Wohnhaus eingeweiht hat. Oberbürgermeister Feldmann war auch nicht da, begründete das aber nicht weiter. Und Ministerpräsident Bouffier konnte wegen einer Erkrankung nicht dabei sein.
So blieb es also Finanzminister Schäfer überlassen, zu demonstrieren, dass die Landesregierung in den letzten zwanzig Jahren nichts dazugelernt hat und stolz darauf ist, die alten Planungen stur durchzuziehen, auch wenn sie längst in krassem Gegensatz zu dem stehen, was heute notwendig wäre. Sein Parteifreund, Bürgermeister Becker aus Frankfurt, durfte immerhin daneben stehen, als er zusammen mit Fraport-Chef Schulte den feierlichen Akt vollzogen hat, während Al-Wazirs Stellvertreter, Staatssekretär Deutschendorf, in die zweite oder dritte Reihe verbannt war. Wer will, mag spekulieren, ob das einen tiefergehenden Hintergrund hat.
Der Festakt selbst bestand darin, eine sog. ‚Zeitkapsel‘ in eine vorbereitete Säule einzumauern. Darin enthalten sein sollen neben einer Flasche hessischem Staatswein auch aktuelle Ausgaben der vier Frankfurter Tageszeitungen (ja, vier! Für das städtische Presseamt ist auch BILD eine Zeitung, und sogar die meistverkaufte in Frankfurt, wenn auch mit dem wenigsten Inhalt.).
Ob sich spätere Generationen daraus mal ein Bild von den aktuellen Diskussionen machen können, darf mit Blick auf die Berichterstattung über diese Grundsteinlegung bezweifelt werden. Zwar haben alle (bis auf BILD) mehrere Beiträge dazu im Blatt, sie konzentrieren sich aber fast alle auf die Fraport-Argumentation über die Notwendigkeit weiteren Wachstums. An der Spitze natürlich die FAZ, die bereits vorab gleich in zwei Beiträgen deutlich machte, dass Erweiterte Kapazitäten dringend nötig seien und beim Ausbau Eile geboten sei. Da kann sie sich beim Ereignis selbst auf einen Kurzbericht mit den wichtigsten Stichworten beschränken.
Als einzigen kritischen Punkt findet man dort in einem Kommentar den Hinweis auf die schlechte Verkehrsanbindung, verbunden mit der Empfehlung an alle Ausbaugegner, sie sollten doch „ihre Energie lieber auf ein anderes Ziel lenken, nämlich auf die Anbindung des Terminals 3 an die S-Bahn“. Auch der FR-Kommentar konzentriert sich im Wesentlichen darauf. Zu diesem Aspekt hat Petra Schmidt von der BI Mörfelden-Walldorf in einem Redebeitrag in der gleichzeitig stattfindenden Mahnwache in Terminal 1 alles Notwendige gesagt, aber davon erfahren die FAZ- und FR-Leser natürlich nichts. FNP und Hessenschau bringen gar keine eigene Kritik, sondern verstecken Hinweise auf Kritik anderer in längeren Beiträgen, die ansonsten das Ausbauprojekt in leuchtenden Farben und Bildern darstellen.

Bei der Mahnwache der Ausbaugegner war
Minister Al-Wazir zumindest mit einem Zitat präsent …
Zwar hat die FNP schon vorab ein Interview mit BBI-Sprecher Thomas Scheffler gebracht, und die FR widmet der Mahnwache der Ausbaugegner einen eigenen Beitrag, aber das reicht natürlich längst nicht aus, um das schiefe Bild, das aufgrund der Berichterstattung in der Öffentlichkeit entsteht, irgendwie zu korrigieren.
Von Qualitätsmedien müsste man eigentlich erwarten, dass sie von sich aus ein solches Projekt einer kritischen Würdigung mit allen relevanten Aspekten unterziehen. Dazu würde natürlich in erster Linie gehören, die Frage zu stellen, wie ein solches Projekt, dass dem weiteren massiven Wachstum des Flugverkehrs dienen soll, mit dem Ziel vereinbar sein soll, den Klimawandel auf ein irgendwie erträgliches Maß zu begrenzen. Dazu würde ebenso gehören, deutlich zu machen, dass die Luftverkehrsindustrie ihre Treibhausgas-Emissionen noch über Jahrzehnte weiter anwachsen lassen will, was mit dem Ziel, den globalen Temperaturanstieg mögichst auf 1,5°C zu beschränken, absolut unvereinbar ist. Und dazu würde auch gehören, die durch dieses geplante Wachstum zwangsläufig bedingte Steigerung von Lärm und Schadstoff-Belastung darzustellen und sie in Relation zu setzen zu den Zielen, die von nationalen und internationalen Gremien zur Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung gesetzt werden.
Stattdessen ignorieren sämtliche Zeitungen diese Aspekte nahezu komplett, und in der Hessenschau darf ein ‚Luftfahrtexperte‘ über Elektroflugzeuge und alternative Treibstoffe schwadronieren, als wäre das aktuell auch nur im Geringsten relevant.
Und leider muss man auch konstatieren, dass es den Bürgerinitiativen und Umweltbewegungen nicht gelingt, ihre Widerstands-Aktionen so zu gestalten, dass die Medien gezwungen wären, diese Aspekte in ihre Berichterstattung aufzunehmen. So berechtigt es ist, das Versagen bestimmter Politiker und Manager anzuprangern, viel wichtiger ist es, plakativ deutlich zu machen, welche Folgen dieses Versagen für Mensch und Umwelt hat. Das richtige Symbol dafür ist nicht der Grabstein, der womöglich noch signalisieren soll, dass nun alles zu spät es. Richtiger wäre es, deutlich zu machen, dass Fraport und Landesregierung hier zwar einen Grundstein für die weitere Zerstörung der Region und des Weltklimas legen, dass das aber auch der Grundstein für eine neue Phase des Widerstands sein kann, in der alle, die die Klimakatastrophe verhindern wollen, auch die Luftverkehrswirtschaft in ihrem Wachstumswahn bremsen und den Luftverkehr auf ein klimaverträgliches Niveau reduzieren wollen.
Was immer Fraport auch in die Landschaft betoniert – ihre Wachstums-Phantasien können langfristig nicht Bestand haben. Zwar gibt es keinerlei Garantie, dass die Grenzen dieses Wachstums rechtzeitig genug gezogen werden, um die Klimakatastrophe zu verhindern, aber sie werden wirksam werden – je früher, desto besser. Terminal 3 ist, wie der Flughafenausbau insgesamt, eine gigantische, umwelt- und gesundheit-zerstörende Fehlinvestition, und die muss gestoppt werden. Je später das gelingt, desto teurer wird es, aber zu spät ist es nie.