Wirbelschleppen: nun wieder Raunheim
Es ist Wirbelschleppen-Saison: nur drei Tage nach dem Schadensfall in Flörsheim hat es auch in Raunheim wieder kräftig gekracht. Am Mittwoch Abend gegen 19:30 Uhr riss eine Wirbelschleppe in der Karl-Liebknecht-Strasse, knapp 400 Meter nördlich der Anfluglinie, etliche Ziegel vom Dach. Sie landeten auf der Strasse – zwischen zwei vorbeifahrenden Pkw. Während die Fahrerin, hinter deren Fahrzeug die Ziegel direkt aufschlugen, unmittelbar anhielt und den Vorgang beschreiben konnte, fuhr der nachfolgende Wagen, nachdem er scharf gebremst hatte, weiter. Beide können von Glück sagen, dass sie nicht getroffen wurden.
Zwar herrschte zu diesem Zeitpunkt reger Anflugverkehr auf der Südbahn, und der Zeitpunkt des Schadenseintritts ist nicht ganz exakt bekannt, so dass in der Bestimmung des Verursachers eine gewisse Unsicherheit liegt, aber am wahrscheinlichsten ist, dass es ein A320 der Lufthansa war (auf einem völlig unnötigen Kurzstreckenflug von Hannover). Aber selbst wenn das nicht korrekt sein sollte: in den Viertelstunden davor und danach landeten nur Flugzeuge der A320-Familie oder leichter, kein einziges der Wirbelschleppen-Kategorie ‚Heavy‘. Nach den beim DFLD abrufbaren Höhenprofilen hat auch keins die vorgegebene Anflughöhe unterschritten.
Bemerkenswert auch die Windverhältnisse: der Wind schwankte an diesem Abend zwischen Südost- und Nord-Richtungen, mit maximal 6 Knoten Stärke. Kurz vor dem Zeitpunkt des Schadens betrug die Rückenwind-Komponente für Betriebsrichtung 25 4,6 Knoten, danach flaute der Wind weiter ab. Ein Anflug aus Osten wäre also nach den geltenden Regeln angesagt gewesen – stattdessen wurde bis in die Nacht aus Westen angeflogen.
Das Dach des betroffenen Hauses, das zuletzt der Unterbringung von Geflüchteten gedient hatte und mittlerweile an eine Raunheimer Firma verkauft ist, war nicht gesichert. Ob das geholfen hätte, ist ohnehin nicht klar, denn neben dem neu aufgedeckten Pfusch ist dieser Fall ja ein weiterer Beweis dafür, dass die bisherigen Annahmen über Ausbreitung und mögliche Stärke der Wirbelschleppen abhängig vom Flugzeugtyp zumindest lückenhaft sind.
Bezüglich der aufgedeckten Mängel versucht Fraport aktuell natürlich, ausschliesslich die beauftragten Firmen verantwortlich zu machen, ohne auf die deutlich gewordenen systematischen Versäumnisse und das Versagen ihrer angeblichen ‚Qualitätssicherung‘ einzugehen. Aus dem Wirtschaftsministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde ist bis jetzt garnichts zu hören.
Das wird so nicht bleiben können. Niemand weiss, ob die beiden Fälle kurz hintereinander purer Zufall sind oder ob besondere meteorologische Bedingungen oder atmosphärische Verhältnisse derzeit das Auftreten von Schäden begünstigen. Anwohner berichten, dass gestern im ganzen Ort Wirbelschleppen besonders laut zu hören waren, aber das können subjektive Eindrücke sein. Auch ist nicht klar, wie sich das Auftreten von Wirbelschleppen-Schäden wirklich entwickelt. So wurde z.B. anlässlich des gestrigen Falles bekannt, dass an einem benachbarten Nebengebäude vor Monaten ebenfalls ein Schaden aufgetreten ist – die Öffentlichkeit hat davon nichts erfahren. Auch kursieren hin und wieder Gerüchte von weiteren Schäden, die unauffällig beseitigt wurden.
Fraport könnte dazu zumindest teilweise Auskunft geben, beschränkt sich aber auf eine dürre Statistik, zu der sie verpflichtet sind, ohne nähere Aussagen zu Art und Ort der Schäden. Auch die Bewertung ist nach wie vor pure Willkür und unterliegt keiner Kontrolle.
Es ist zu befürchten, dass sich vor der Landtagswahl politisch nicht mehr viel tun wird, und die Hoffnung ist gering, dass danach die Kumpanei zwischen Fraport und Landesregierung beendet werden könnte. Der politische Druck auf die, die (dann) Verantwortung tragen, wird erheblich grösser werden müssen, wenn die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung auch nur annähernd erfüllt werden sollen.
Quelle: http://www.bi-fluglaerm-raunheim.de/news2018_2.htm#180906_Wirbel_Rau